1928 - 2023
Ich bin Thomas Reisberg, der derzeitige Inhaber der Firma Piano Reisberg und Enkel des Firmengründers Gustav Reisberg. Leider hatte ich nicht die Gelegenheit, meinen Großvater kennenzulernen, da er bereits 1960 verstorben ist, sechs Jahre vor meiner Geburt im Jahr 1966. Vieles von dem, was ich über die Geschichte unseres Unternehmens weiß, habe ich durch die Erzählungen meines Vaters, Gottfried Reisberg, und meines Bruders Jürgen erfahren, der 14 Jahre älter ist als ich und viele Erinnerungen weitergegeben hat.
Warum mein Großvater Gustav bei Bechstein in Berlin arbeitete und weshalb er 1928 den Betrieb gründete, liegt in persönlichen Umständen begründet. Die Wege von Gustav Reisberg, geboren 1885, und Wilhelm Furtwängler, geboren 1886, kreuzten sich bereits in jungen Jahren. Obwohl uns die genauen Umstände ihrer Bekanntschaft nicht überliefert sind, wissen wir, dass sie eine enge Freundschaft verband. Furtwängler wurde Generalmusikdirektor an der Berliner Staatsoper, und mein Großvater führte in dieser Zeit viele Arbeiten, insbesondere Klavierstimmungen, in diesem Haus durch. Sie reisten wohl häufig gemeinsam und pflegten eine langjährige Freundschaft.
Im Jahr 1928 ging Wilhelm Furtwängler nach Amerika, während mein Großvater nach Dortmund zurückkehrte, wo er am 1. Juli 1928 den Betrieb Piano Reisberg in Dortmund-Hörde gründete. Das ursprüngliche Firmengebäude existiert heute nicht mehr; es würde heute am Phönixsee stehen.
Die Entscheidung, den Betrieb kurz vor der Weltwirtschaftskrise und dem Börsencrash zu gründen, mag aus heutiger Sicht mutig erscheinen. Ob er die Gründung unter diesen Umständen anders entschieden hätte, bleibt ungewiss. Vielleicht waren es gerade die schwierigen Zeiten, die ihn dazu bewogen, neue Wege zu gehen.
Gustav Reisberg baute einen reinen Reparaturbetrieb auf, der zu dieser Zeit vor allem Kirchengemeinden, Theater und Musiklehrer betreute. Neben der Arbeit mit Klavieren und Flügeln kümmerte er sich auch um Harmonien, die in vielen Kirchen genutzt wurden. Seine Söhne Erich, geboren 1920, und Gottfried, geboren 1928, sollten später eine wichtige Rolle in der Firmengeschichte spielen.
Während des Zweiten Weltkriegs wurde der Betrieb stark zerstört, da er sich in unmittelbarer Nähe des Hoesch-Stahlwerks befand, einem häufigen Ziel von Luftangriffen. Trotz der schwierigen Umstände gelang es meinem Großvater, die Firma während des Krieges weiterzuführen. In dieser Zeit wurde viel musiziert, und zahlreiche Veranstaltungshallen benötigten weiterhin Klavierstimmungen und Reparaturen.
Mein Vater Gottfried erzählte mir oft, dass sie nach dem Krieg Klaviere aus Trümmerteilen wieder zusammengebaut haben, um den Theatern und Konzertsälen Instrumente zur Verfügung zu stellen. Es war eine Zeit des Mangels, und doch half das handwerkliche Geschick meines Großvaters und seines Teams, den Betrieb wiederaufzubauen.
Sowohl Erich als auch Gottfried Reisberg absolvierten ihre Ausbildung gemeinsam und legten am 15. Februar 1954 ihre Meisterprüfung ab. Erich gründete später einen Musikalienhandel, während Gottfried den Klavierbaubetrieb fortführte. Leider verstarb Erich bereits 1962 im Alter von nur 42 Jahren an den Spätfolgen einer im Krieg erlittenen Krankheit.
Mein Vater, Gottfried Reisberg, übernahm den Betrieb 1959 und baute ihn kontinuierlich weiter aus. Er war über drei Jahrzehnte Obermeister der Klavierbauer-Innung Dortmund und setzte sich unermüdlich für die Ausbildung des Nachwuchses ein. Sein Engagement erstreckte sich auf viele Konzerthäuser, Theater und Kirchengemeinden, in denen er ebenfalls musikalisch tätig war. Besonders hervorheben möchte ich seine Arbeit in Wellinghofen, wo er über viele Jahre musizierte und Bratsche spielte.
Ich wuchs in diesem musikalischen Umfeld auf und war von klein auf mit dem Klavierbau vertraut. Nachdem ich 1983 meine Lehre begann und 1991 die Meisterprüfung ablegte, arbeiteten mein Vater und ich viele Jahre erfolgreich zusammen.
Seit einigen Jahren leite ich den Betrieb gemeinsam mit meinem Sohn Niko, der bereits die vierte Generation unserer Familie repräsentiert. Niko bringt frische Ideen in den Betrieb ein, kümmert sich um die Organisation und plant die Erweiterung unserer Social-Media-Präsenz. Zudem legen wir großen Wert darauf, alle Reparaturen und Überarbeitungen selbst durchzuführen und keine Arbeiten ins Ausland zu vergeben.
Wir blicken auf eine lange Geschichte zurück, die durch die Höhen und Tiefen des letzten Jahrhunderts geprägt wurde. Unser Anspruch ist es, das Erbe von Gustav und Gottfried Reisberg weiterzuführen und den Betrieb auch in den kommenden Jahrzehnten erfolgreich fortzusetzen. Dafür danken wir all unseren Kunden für ihr Vertrauen in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Stand: 30. Juni 2023